Ein Ideenwettbewerb ist kein Vergabeverfahren

 

Ist der Ideenwettbewerb dem Abschluss eines Pachtvertrages vorgelagert, dient dieser nicht der Lösungs-, sondern der Aufgabenfindung. Es gibt daher keinen Zuschlag.

 

Sachverhalt:

Es geht um eine Ferienanlage, die seit knapp 70 Jahren als Campingplatz betrieben wird und 1990 Bestandteil eines Nationalparks wurde. Die Bewirtschaftung als Campingplatz ist trotz der Belegenheit in einem Nationalpark weiterhin möglich. Die Flächen des Campingplatzes stehen im Eigentum der beiden Beklagten sowie eine geringe Fläche im Eigentum der Klägerin. Die Klägerin ist seit mehreren Jahrzehnten Betreiberin des Campingplatzes. Der Pachtvertrag endete zum Jahresende 2023. 

Auf der Homepage des Nationalparks nahmen die Beklagten zu 1 und 2 eine Vorankündigung und später eine Bekanntmachung vor, nach der zur Neuverpachtung des Campingplatzes ein Verfahren durchgeführt werden sollte. Soweit Interesse bestand, sollte ein Entwicklungskonzept vorgelegt werden. In der Bekanntmachung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihr Ziel nicht der Abschluss eines Pachtvertrages sei und, dass das Vergaberecht keine Anwendung finden solle. Es solle lediglich eine Vorstellung von Konzepten interessierter Bieter erfolgen. Zudem wurden Rahmenbedingungen und Anforderungen an den künftigen Betreiber bekannt gemacht und die voraussichtliche Pachtdauer vom 01.01.2024 bis zum 31.12.2048 benannt. 

Die spätere Klägerin bekundete ihr Interesse, woraufhin sie per E-Mail eine Einladung zu einem Auswahlgespräch erhielt. Das Auswahlgremium wurde als „Auswahlgremium für die Bewertung der Interessenbekundungen zur Verpachtung der landeseigenen Campingplatzflächen in …. und nachfolgender Ausschreibung und Vergabe des Pachtsache“ bezeichnet.

Nach dem Gespräch sollte die Klägerin weitere Unterlagen einreichen. Die von der Beklagten zu 1 für diese Aufforderung verwendete E-Mail enthielt Hinweise, die bei der Erstellung des Feinkonzepts zu beachten waren und eine Anlage 2 mit Zuschlagskriterien. Es fanden Ortsbesichtigungen mit allen noch im Verfahren befindlichen Interessenten statt. Es wurden mehrere Entwicklungskonzepte durch Interessenten eingereicht, die Klägerin wurde zu einem Auswahlgespräch eingeladen. Nach Bewertung durch das Auswahlgremium wurde die Klägerin Drittplatzierte. Aus der Presse erfuhr die Klägerin, welche Mitbewerberin die meisten Punkte erhalten hatte. Dies wurde u.a. auf der Homepage des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt sowie der Beklagten zu 2 veröffentlicht. Danach sollten Verhandlungen zum Pachtvertrag aufgenommen werden. 

Die Klägerin legte gegenüber den Beklagten Widerspruch gegen die Entscheidung ein und ließ das Auswahlverfahren vergaberechtlich prüfen. Einem Antrag auf Akteneinsicht gab die Vergabekammer statt, wies den Nachprüfungsantrag jedoch zurück, da der Beschaffungsvorgang nicht dem Kartellvergaberecht unterliege. Die von der Klägerin erhobene sofortige Beschwerde erachtete das OLG Rostock unter Hinweis auf die Ausführungen der Vergabekammer als nicht zulässig. 

e an das Landgericht Stralsund verwiesen. Die Klägerin beantragte, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht einen Pachtvertrag mit ihr abzuschließen. Die Beklagten zu 1 und 2 beantragten, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidung:

Die Klägerin hatte keinen Erfolg! Die Klage sei unbegründet. Es bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Zuschlagserteilung. Die vergaberechtlichen Vorgaben des GWB seien vorliegend nicht anwendbar. Bei der Ausschreibung der Verpachtung eines Campingplatzes handele es sich nicht um eine Dienstleistungskonzession. Der Campingplatzbetreiber werde durch die Verpachtung nicht zum Betrieb des Platzes und der damit verbundenen Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet. 

Der Anspruch scheitere bereits daran, dass es sich bei dem zugrundeliegenden Verfahren nur um einen Ideenwettbewerb, nicht aber um ein Vergabeverfahren mit einer Zuschlagserteilung gehandelt habe. Ein Ideenwettbewerb endet nicht mit einem Zuschlag. Die Bekanntmachung der Beklagten habe bereits konsequent und eindeutig bestimmt, dass Ziel des Ideenwettbewerbs gerade nicht der Abschluss eines Pachtvertrages gewesen sei und das Vergaberecht keine Anwendung finden solle. Der Ideenwettbewerb sei darauf gerichtet gewesen, festzustellen, was möglich sei und wie dann weiter verfahren werden könne. 

Es sei zwar anerkannt, dass Bietern in Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge Ansprüche bei Verletzung derjenigen Vergabeverfahrensregeln zustehen, denen sich der Auftraggeber im Rahmen der Ausschreibung selbst unterworfen habe. Soweit die Regelung des GWB zur Anwendung kämen, regele § 97 Abs. 6 GWB ausdrücklich, dass Bieter subjektive Rechte auf Einhaltung der Verfahrensregeln hätten. 

Dieses komme aber nur in Betracht für den Fall der Vergabe eines öffentlichen Auftrags, nicht aber im Falle eines (vorgeschalteten) Ideenwettbewerbes. Ein solcher endet gerade nicht mit Zuschlagserteilung oder Erteilung eines Auftrags. Zudem diene ein Ideenwettbewerb nicht der Lösungsfindung, sondern der Aufgabenfindung. Mithin sei er darauf gerichtet, vorerst zu identifizieren, was möglich sei und wie weiter verfahren werden könne. 

Vorliegend habe er lediglich der Vorbereitung der weiteren Vorgehensweise gedient. Die Bekanntmachung der Beklagten habe konsequent und eindeutig bestimmt, dass das Ziel Ideenwettbewerbs nicht der Abschluss eines Pachtvertrags gewesen sei und das Vergaberecht keine Anwendung finden solle. Der Klägerin sei dies bekannt gewesen, sie habe sich auf die Bekanntmachung hin an dem Ideenwettbewerb beteiligt. Somit sei schlüssig zum Ausdruck gebracht worden, dass die Klägerin auch mit diesen Bedingungen einverstanden gewesen sei. 

Spätere Äußerungen des Ministers ### oder Landtagsdrucksachen stünden diesem Ergebnis auch nicht entgegen. Willenserklärungen von Parteien seien aus Sicht des jeweiligen Empfängers im Zeitpunkt des Zugangs zu bewerten. Späteren Äußerungen könnten diverse andere Gründe zugrunde liegen, z.B. ein späteres Verhalten der Beteiligten oder von Dritten.

Einen Verstoß gegen das Willkürverbot konnte das LG Stralsund nicht erkennen. Dies hätte vorausgesetzt, dass die getroffene Entscheidung nicht nur fehlerhaft, sondern und keinen denkbaren rechtlichen Aspekten vertretbar wäre. Es müsse sich aufdrängen, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruhe. Die Beweislast liege insoweit bei der Klägerin.

 

Praxistipp:

Auch wenn das durch die Beklagten verwendete Vokabular, auf die Absicht hindeutete, ein Vergabeverfahren durchzuführen, lagen die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Gem. § 103 Abs. 1 GWB handelt es sich bei öffentlichen Aufträgen um entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Vorliegend fehlt es zum einen am Auftrag, zum anderen an der Entgeltlichkeit zulasten des öffentlichen Auftraggebers.

LG Stralsund, Urteil vom 08.01.2025, Az.: 7 O 332/23

 

Ihr Ansprechpartner:
Lars Wiedemann, wiedemann@abst-mv.de, 0385 61738110

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